8/14/2006

durch die wüste mit gryphius

Wie wichtig die Wüste für das Profil, oder sollte man sagen: die Profilierung, dieser Universität ist, zeigte uns schon unser erster großer Ausflug, der – man ahnt es schon – in den Negev führte, die Wüste um Beersheva. Eine stimmungsvolle Nachtwanderung bei Mondlicht übrigens. Angeleitet wurde wir dabei durch einen gebürtigen Holländer, mit dem griffigen Namen Arthur du Mosch – eine gelungene Mischung aus Indiana Jones, Didi Hallervorden und Rudi Carell (das Photo ist natürlich bei anderer Situation bei Tage entstanden). Wenngleich nicht als fröhlicher Wandersmann per se bekannt, so war ich auch diesmal wieder willens. Und in guten Schuhen, die mich wie dereinst bei der Wanderung nach Jericho kurz vor Ostern sicher und stilvoll ans Ziel geleiteten. Doch die nächtliche Wanderfreude wurde bald getrübt. Unser Guide konnte nämlich reden. Viel reden. Strichlisten aufstellen, wie oft welche Phrase gefallen ist, das wäre ja kindisch, aber die Top-Ten eines „Desert Phrase Book’s“ würde wohl lauten:
  • Trinken! (eine Aufforderung, die freundlicherweise alle exakt 10 Minuten wiederholt wurde)
  • Wasser kann Leben und Tod bedeuten
  • sechs Meter hohe Springfluten, die gut gelaunt durch die Wüste springen, wenn sie nicht anderes zu tun haben
  • Wüste kann Leben und Tod bedeuten
  • Trinken! Ah, sagte ich schon...
  • Ist das nicht schön?
  • Setzt euch hin. Setzt euch hin! SETZT EUCH HIN!
  • Leben und Tod liegen eng zusammen in der Wüste
  • Wasser kann tödlich sein!
  • Und trinken!

Fällt etwas auf? Genau! Diese treffende Antithetik aus Leben und Tod. Wasser kann nämlich Leben und Tod bedeuten. Und in der Wüste gibt es Leben und Tod. Einsamkeit. Vergänglichkeit. Ist nicht alles nichtig? Und ist das nicht schön? Und trinken!
Mir war’s, als wandelte ich durch ein einziges großes nächtliches mondbeschienenes Barockgedicht. Vorbei an frischen Blumen und Totenschädeln, Plitz und Schweffel-Regen, an Fewr, Pech, Sturm und Grim...

Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein
Auf der ein Schäferskind
wird spielen mit den Herden:
Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten
werden.
Was itzt so pocht und trotzt ist Morgen Asch und Bein
Nichts
ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück uns an,
bald donnern die Beschwerden.