9/10/2006

ausnahmezustand erreicht

Man stirbt vielleicht nicht, wenn man arabisches Wasser trinkt. Trotzdem gestaltete sich das Trinkverhalten so mancher Teilnehmer aus der heutigen Ausflugsgruppe etwas zaghafter als das sonst der Fall ist. Denn heute waren wir im Zoo. Nein, stimmt gar nicht, wir hatten heute die lang ersehnte Beduinenexkursion. So richtig aufgepasst, was die dort erzählt haben, hat eigentlich niemand. Vielleicht, um auf subjektive Vermutungen umzusteigen, wollte man die illegalen Siedlungen der Beduinen schon gerne sehen, so richtig etwas drüber wissen aber nicht. Vielleicht auch, weil alles ganz lange gedauert hat mit dem Übersetzen vom Arabischen ins Hebräische ins Englische. Ganz ehrlich: ermüdend. Und dann wurde einem auch noch viel zu süßer Tee und eventuell todbringendes Leitungswasser angeboten. Genug der Subjektivität: Ganz objektiv ist für mich der Zeitpunkt erreicht, an dem ich mich freue, bald wieder aus diesem irren Land wegzukommen, in dem man – so habe ich den Eindruck – chronisch dazu neigt, die Augen zu verschließen vor zum Himmel schreienden Unrecht, ganz egal, ob es von Israelis, Palästinensern, Juden, Beduinen, Äthiopiern oder Ultraorthodoxen verursacht wird. Es ist wahrscheinlich für alle, die hier leben, die einzige Möglichkeit, um nicht total verrückt zu werden. Wer kann, fährt an einen der schönen Strände und taucht ab oder rennt schreiend in den Wald (künstlich angelegt natürlich). Bevor ich nun mit einem Glas israelischem Leitungswasser, das genauso stinkt oder nicht stinkt wie das der Beduinen, auf mein Rückflugticket für Freitag anstoße, muss ich mich doch noch etwas echauffieren über den heutigen Ausflug: Welche Botschaft schwingt in der fünfmal wiederholten Aussage "Dort, wo der [schöne, grüne] Wald aufhört, fängt die [karge] Westbank an" mit? Und wer als Deutscher vor der israelisch-palästinensischen Mauer klatscht und johlt, hat einfach aus der Geschichte nichts gelernt. Und wenn eine Teilnehmerin in der Jerusalemer Altstadt meinte, sie kaufe lieber bei Juden ein, weil Araber Betrüger seien, so erinnert das an längst totgesagte Zeiten nur mit Vorzeichenfehler. Prost also, und morgen wird auch wieder die Sonne scheinen und der Himmel voller Goodnews über der so großen Wüste hängen.