8/21/2006

go south. go east. go north. go west. go south...

Israel und Deutschland unterscheiden sich ja eigentlich vor allem dadurch, dass in erstgenanntem Staat die Bananen primär aus dem Osten kommen. Also: go east. Doch die Fahrt durch die fruchtbare Westbank, Heimat der knackigsten Südfrüchte, sollte erst den Abschluss unseres kleinen Wochenendeausfluges nach Jordanien darstellen.
Also alles auf Null und von vorn. Deswegen: go south.
Zuerst fuhren Stefano, ein Mitstudent aus Bologna/Konstanz, und ich nach Eilat, dem einzigen Zugang Israels zum Roten Meer, trafen dort mit Sasan, einem Mitstudenten aus Bamberg, zusammen und passierten spätabends die Grenze. Sozusagen: go east.
Noch kommen keine Bananen ins Spiel, vielmehr ein leckeres Fischessen, an dem ich, wie wenige verwundern wird, nur mit den Augen, nicht mit dem Gaumen partizipierte. Am Roten Meer isst man tatsächlich diese netten bunten Fische, die man sonst nur in den Tropenaquarien der heimischen Chinarestaurants zu bewundern weiß. Aber vielleicht verschicken ja deutsche Chinarestaurants ihre zu groß gewordenen Lieblinge nach Jordanien? Go east. Maybe...
Mit einem Grüppchen etwas arroganter Backpacker dann am nächsten Morgen nach Petra – wo wir zwei Tage blieben. Während es für Sasan, der am Sonntag seinen ersten Praktikumstag in Yad wa-Shem hatte und noch etwas mit den China-Buntbarschen schnorchelnd liebäugeln wollte, go south hieß, folgte ein go north für Stefano und mich, die wir am frühen Abend in Amman ankamen. Einmal mehr nahm ich im Farach-Hotel Quartier, dessen deutsche Übersetzung mit „Freudenhaus“ zwar von der Lexik akzeptabel, begrifflich doch etwas verfänglich ist. Auch dieses Mal die Überzeugung, dass lediglich der immanente Dreck dieses Etablissement zusammenhält, aber man ist ja im Orient. Go east. Go very east.
Am Abend besuchten wir dann das römische Amphitheater, das von Antonius Pius erbaut wurde – so die jordanischen Hinweisschilder. Selbstverständlich ist es kein Amphitheater, und Herr Pius verdient ein i mehr im Namen. Aber Photos gibt es zu begutachten, also möge man sich selbst ein Bild machen. Und, um in alten Traditionen zu bleiben, wieder beim Iraker an der Ecke zum Essen gegangen. Nur ist mir durch Stefanos rege Auffassungsgabe zum ersten Mal bewusst geworden, dass der Iraker zwar gutes Fleisch und leckeres Gemüse serviert, jedoch kein Besteck bereithält. Darüber sinnierend, wie ich denn das Essen die letzten beiden Male im vergangenen Sommer und dieses Frühjahr gegessen habe, gelang es mir auch diesmal im hygienisch etwas bedenklichen Farach-Hotel ein Auge zuzumachen. Fell asleep.
Der Sonntag sollte zur Tour de Force und Tour de Proche-Orient werden, Amman – König-Hussein-Brücke – Jerusalem – Beersheva. Alles in allem sehr anstrengend und schweißtreibend, aber auch interessante Eindrücke wie ein leicht reizbarer palästinensischer Familienvater, der fast ein fremdes Kind verprügelt hätte. Oder die V.I.P.-Loge der jordanischen Grenze, in die wir uns muffelnd und verschwitzt zwischen die saudischen Geschäftsleute geschmuggelt hatten. Oder ein echter Fedayyeen, wie er auch nur noch im Buche steht, mit französischem Pass, nur noch einem Auge, auf dem Weg aus Paris nach Jericho und großer Bewunderung der mitfahrenden Schuljungen. Und wir? Genau: go north, go west, go south. Durch die Wüste beim Toten Meer, durch die Wüste der Westbank, durch die Bananenfelder, die auch Deutschland beliefern könnten, wenn nicht ein anliegender Staat etwas dagegen hätte. Und durch die Wüste auf dem Weg nach Beersheva, Israels Traum in der Wüste.