11/25/2006

ich saz ûf eime steine


dô dahte ich bein mit beine,
dar ûf satzt ich mîn ellenbogen;
ich hete in mîne hant gesmogen
daz kinne und ein mîn wange.


Und wie kommts? Oder kams?
Direkt von Berlin ging die Fahrt weiter (wie konnte ich das gestern zu erwähnen vergessen) durch die Mark Brandenburg mit ein paar trefflichen Landschaftsbildern à la Fontane und gar fremdartig sprechenden Menschen im Zug. Toll war der Death-Metaller, der seinem Gegenüber, einem Schaffner, von seinen progressiven Konzerten berichtete, in denen Bibeln durch den Raum geworfen werden und Kunstblut spritzt (warum fühlte ich mich schon wieder an die Orestie erinnert?). In Magdeburg fand ich dann auch recht schnell die Exkursionstruppe vom Lehrstuhl für Deutsche Philologie des Mittelalters. Und sogleich gab es eine überaus professionelle Führung *hüstel* durch den Dom St. Mauritius & Katharina, die ich am Vortag bei Ying in Berlin noch aus dem Boden und Internet gestampft hatte.
Gleich darauf ging es auch schon ins Museum in die Ausstellung zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nations von Otto d. Großen (der ja im Magdeburger Dom ruht) bis zum Ende des Mittelalters. Und dort fanden wir ihn dann auch, den eingangs mit seinem Reichston zitierten Walther, dessen Konterfei in der Manesse-Handschrift, die eindeutig das Glanzstück der Ausstellung darstellte, gerade aufgeschlagen war. Ich hätte mich zwar über den einige Tage vorher noch sichtbaren Konradin auch sehr gefreut, aber Walther war natürlich auch sehenswert. Und was hätte der von der Vogelweide zum Death-Metaller aus dem Zug gesagt? Klar, hilf, hêrre, dîner kristenheit (Schluss vom Reichston. Schluss vom heutigen Eintrag).

11/24/2006

wanderlust again

Eben habe ich den Flug in den Libanon gebucht. Los geht es geht am 12. Februar 2007 – ohne Rücktrittsversicherung und sonstige doppelte Böden (denn die Rücktrittsversicherungen, die ich gefunden habe, gelten nur bei so schrecklichen Dingen wie, wenn mein Haus einen Tag (aber wirklich nur einen) vor dem Abflug abbrennt usw., und keinesfalls bei Kriegszuständen...). Zurück geht es zwei Monate später, am 10. April, rechtzeitig vor der zweiten Phase des geisteswissenschaftlichen Kollegs in Würzburg. Und dann? Willkommen im Bamberger Sommer.

berlin jenseits der großen theater

Geschickt (?) hatte ich mich ja von jedweder politischen Veranstaltung abgeseilt. Führung durch den Bundestag? – Robert Walser-Ausstellung ist auch schön. Kulturpolitisches Gespräch? – Ich geh’ in den Zoo. Was dabei übrigens rausgekommen ist, präsentiert sich artig und in bekannt künstlerischer Manier auf Yings Seite. Neben diesen Tierbeobachtungen (suizideske Karpfen, verstörte Zwergflusspferde und volltönende Bongos) ergab sich auch zu meiner großen Freude die Möglichkeit, einige Leute aus dem Kurs in Beersheva wieder zu treffen, und das sogar mehrfach. Namentlich Esther, Katharina und Sebastian. Lustig und grad’ schön wars, Sebastian hatte extra einen bairischen Witz aufzusagen gelernt, und die Wasserpfeife schmeckt in Berlin ja schon fast so gut wie im Nahen Osten – auch wenn die Temperaturen nicht ganz mithalten können. Und in drei Wochen, da bin ich nämlich schon wieder in Berlin, ruinieren wir dann auf Katharinas Weihnachtsfeier ihre schöne Einrichtung. Ja das wird toll!

die ganze welt ist ein...

Theater. Und wir mittendrin. Mit sechs anderen Studenten und unserem NDL-Professor ging es letzten Donnerstag nach Berlin auf ein Theaterseminar ausgerichtet von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Highlights waren neben einer Dichterlesung des von mir nicht so hoch geschätzten Uwe Timm vor allem gute Vorträge (v.a. Prof. Weinrich, Paris) und Gespräche mit den Dramaturgen und Schauspielern derjenigen Stücke, die wir abends gemeinsam besuchten. Und dies waren:
Freitag: Platonow von Cechow – eine ausgezeichnete Inszenierung mit extravagantem Bühnenbild in der Schaubühne. Hatten wir noch alle Angst, dass uns bei dieser konzentrierten Langeweile auch in der Tat bei vier Stunden Aufführungszeit langweilig werden könnte, so erwiesen sich diese Bedenken als sehr unbegründet. Ich denke, das war eine der besten Aufführungen, die ich in den letzten Jahren gesehen habe.
Samstag: Die Orestie von Aischylos – hier nun das krasse Gegenteil im Deutschen Theater. Außer Blut, Erbrochenem, einem inkontinenten Orest und exhibitionistischen Agamemnon nicht viel gewesen. Zugegeben, das Bühnenbild (siehe Photo) war sehr ausgefallen, doch auch das konnte in meinen Augen nicht viel retten. Ein völliger Griff ins Klo, pardon, die Schlachtschüssel der Dramaturgie.Sonntag: Die Jungfrau von Orleans von Schiller – nun ganz aristotelisch und buddhistisch der Mittelweg (naja, ob das so stimmt ist sehr diskussionsbedürftig) im Berliner Ensemble. Wenn es aber stimmt, dass das Normale immer auch Langweilig ist, dann war diese Aufführung wirklich im Zentrum des Geschehens. Schöne Bilder wurden da inszeniert, aber wenn (m)ein abschließendes Urteil lautet „fast so provinziell wie in Regensburg“, dann wünscht man sich etwas mehr Peripherie. Wah?Die Photos stammen natürlich nicht von mir, sondern von den Seiten der jeweiligen Theater. Das Berliner Ensemble hat nur ein Bild online gestellt, deswegen hat die Jungfrau noch mehr Pech, als sie das bei Schiller eh schon hat. C’est la vie.

11/05/2006

unterwegs in deutschland

Am letzten Wochenende war ich in der Nähe von Marburg. Und das gleich in doppelter Hinsicht: Übernachtet habe ich bei meiner ehemaligen Mitbewohnerin Julia in Dilschhausen westlich von Marburg. Und tagsüber war ich auf der Tagung des DPV auf Schloss Rauischholzhausen östlich von Marburg (siehe Photo 2).

Zwischen den beiden Orten kommen einem unaufhörlich Fachwerkhäuser ins Blickfeld, so dass sich schon nach den ersten zehn Minuten auf der Landstraße eine Art Fachwerkkoller bei mir eingestellt hat... Immerhin passiert man auf dem Weg nach Rauischholzhausen solch nett klingende Orte wie Amöneburg. Das lässt dann ein bisschen verschmerzen, dass man an der Autobahn solch prosaische Ortsnamen wie Wasserlossen gestreift hat.
Die Tagung selbst war sehr interessant und die beiden Abende mit Julia und Kicker-Spielen bis zum Umfallen (in meinem Fall tatsächlich: Kicker-Spielen bis zum Nasebluten...) und einem nächtlichen Marburgspaziergang ein wirkliches Erlebnis! Hoffentlich schaffe ich es, im Sommer mal hin zu fahren, die nächste Tagung ist nämlich erst 11/2008. Auch die Heimfahrt war spaßig, habe mich zusammen mit Ulrike Bechmann (noch Uni Bayreuth) ganz ordentlich verfahren, dem Himmel sei dank, dass wir nicht in Hamburg rausgekommen sind, oder Kassel. Göttlicher Beistand bei Theologin im Auto?