3/26/2007

mit der seele suchend

Als ich neulich durch die Staatsgalerie Stuttgart schlenderte, traf es mich wie ein Blitz. Das berühmte Gemälde eines syrischen Fauvisten - "Iphigenie in Palmyra" - grauenhaft entstellt und billig abkopiert. Man vergleiche nur, zuerst das Original:
Fürwahr, Original und Fälschung können manchmal nur um Haaresbreite auseinanderliegen:
Doch dem Kenner wird rasch einiges klar: Der Faltenwurf gerät bei der Kopie eines gewissen A. Feuerbach zur manieristischen Übertreibung. Und die sinngefüllte Haltung der jungen, syrischen Iphigenie (im oberen Original der Kaffeekanne zugetan) verkommt beim billigen Stuttgarter Schund nur noch zur sinnentleerten Geste. Ein Griff in die Luft. In der Tat.

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politische cocktails

...und was gibt es außer leckerem Essen noch so in meiner Lieblingsimbiss-Bude um die Ecke? Obstsäfte und Fruchtcocktails. Geschmacksrichtungen: Erdbeere, Avocado, Tahiti und... äh, ja... Hitler. Aber er reiht sich ein zwischen Napoleon, Apollo und Nelson Mandela. Na dann, Prost.
Ein paar Meter weiter kann man dann in der Buchhandlung folgendes Angebot bestaunen. Direkt am unteren Bildrand übrigens ein arabisches Kochbuch "al-Chef" - und "The Art of Decorating".

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3/25/2007

a fish not called wanda

Die Tierliebe geht weiter. Diesen kleinen Wicht entdeckte ich vor ein paar Tagen in der dunklen Küche von Zico House. Ich habe ihn nun ins Zentrum des Geschehens, den großen Salon, getragen, wo er vielleicht auch wieder ein bisschen Farbe bekommen mag.

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st. therese

Wenn ich nach harter Tage Arbeit abends beim Goethe-Institut in den Stadtbus steige, dann tue ich es immer an dieser, meiner Bushaltestelle: St. Therese - obwohl weit und breit keine Kirche dieses Namens zu sehen ist. Nur die letzte Westspitze Beiruts, der Leuchtturm und das Meer.

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3/24/2007

cézanne à beyrouth...

Die künstlerische Atmosphäre in meiner Wohnng wirkte schon inspirierend. Hier der Versuch "Stillleben mit Birnen" in zwei Versionen auf unserem ost-westlichen Diwan.

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3/18/2007

quadragesima

Ein Nachtrag zu Damaskus.
Nicht nur im Christentum gibt die Zahl 40 die Tage vor, die der Vorbereitung und Einstimmung eines Feiertags dienen. Hier im Libanon ist es Gang und Gäbe, auch genau 40 Tage nach einem Todestag etwa einen erneuten Kondolenzbesuch abzustatten, ganz egal ob Christen, Sunniten oder Schiiten. So etwas nennt man dann Arba´in (was schlichtweg "vierzig" heißt). Und wem könnte man - nun nicht mehr im Libanon speziell, sondern in der schiitisch-muslimischen Welt generell - besser einen Kondolenzfeiertag widmen als dem in der Schlacht von Kerbela gemeuchtelt und gemordeten Prophetenenkel al-Husayn. Natürlich kennt man die blutigen Ashura-Prozessionen aus Iran mit ihren Flagellanten und ekstatischen Ausschreitungen. Aber wer rechnet damit vierzig Tage nach Ashura meilenweit von Iran entfernt im Souq von Damaskus? Miriam und ich sicherlich nicht.
Und so kam es, wie es kommen musste. Miriam mit ihren langen blonden Haaren und ich mit einem leckeren Eis der traditionsreichen Eisdiele Bakdasch in der Hand fragten uns noch, was denn diese komischen halbnackten Männer am Eingang des Souq al-Hamidiye sich da so lautstark rhythmisch mit ihren Fäusten auf die Brust klopften. Meine Annahme "wir können ja an der Seite vorbeigehen" erwies sich dann innerhalb weniger Minuten als großer Trugschluss: Hunderte von heulenden, sich schlagenden, hysterischen, verhüllten Schiitinnen waren auf einmal um uns beide, die wir ja nicht wenig touristisch und gänzlich unislamisch aus der Wäsche kuckten.
Nachdem die Umstehenden nicht gerade sanft anfingen, mich aus dem Strom herauszuzerren, war uns dann auch irgendwann klar, dass wir in den "Frauenstrom" der Prozession gelangt waren. Entgegen der von den Ziehern und Zerrern geforderten Richtung zwängten wir uns dann möglichst schnell auf die andere Seite durch, konnten aus der Prozession heraustreten und brauchten erst einmal ein paar Minuten, um das zu verarbeiten.
Fazit: Nichts passiert, aber einige wirklich nicht schöne Minuten, in denen ich mich doch gefragt hätte, was passieren hätte können. Ich war wirklich schockiert, wie "unmenschlich" die Gesichter der Leute in Ekstase waren, und zugleich ungemein verärgert, dass ich die Situation mit meinem "da können wir an der Seite noch vorbei" doch so unterschätzt hatte.
Aber: Trotz Drängeln, Schubsen, Angst - mein Eis habe ich nicht losgelassen. Man muss sich schon treu bleiben.

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le phénomène culturel de beyrouth (zico moustapha yamout)

Meine Wohnungsnot hat sich nun auch gelegt, mein Mitbewohner Stefan und ich teilen uns nun ein Zimmer in der rue Spears, im Stadtteil Sanayeh. Das ist gut, weil es billig ist, weil das Take away-Restaurant Barbar neben uns ist, weil der einzige Park Beiruts eine Minute entfernt ist, und weil das Orientinstitut etwa fünf Gehminuten weg liegt, und ich somit ohne Internet im Haus doch rund um die Uhr online gehen kann.
Das Haus (erbaut 1935) heißt nach dem Besitzer Zico Moustapha Yamout "Zico House" und beherrbergt ein schönes Café, die lokale Umweltschutzgruppe, eine NGO für freie und demokratische Wahlen im Libanon, eine für Homosexuelle, und vor allem eben Ausstellungsräume (ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch Stefan und ich in einem davon wohnen...) für Moderne Kunst, und Aufführungsorte für kultivierte Konzerte, Lesungen etc. L'ambiance est toute à l'image du maitre des lieux, pleine de sobriété et d'excentricité suivant le moment, so Zico auf seiner Homepage. Na dann. Außerdem haben wir eine Mitbewohnerin, die aussieht als sei sie einem Gemälde von Otto Dix ensprungen und würde den Weg zurück in die 30er nicht mehr finden. Aber darüber demnächst mehr.

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damaskus - noch einmal

Kaum zurückgekehrt (Sonntag) aus Syrien, fuhren Jan (Praktikant am OIB) und ich schon wieder am letzten Donnerstag nach Damaskus, wo wir im Deutschen Archäologischen Institut schön steril und funktional, aber unglaublich sauber und modern (was ich sehr zu schätzen wusste: ein "europäisches" Bad mit kräftig fließendem und warmem Wasser, in Beirut kannte ich die Kombination noch nicht) umsonst (Kooperation mit dem OIB) wohnen konnten. Meinen Mitstudenten Heimo aus Bamberg, der jetzt am Französischen Kulturinstitut in Damaskus studiert, haben wir auch wieder getroffen und die drei Tage dort hauptsächlich, nein um ehrlich zu sein: ausschließlich mit Essen-Gehen zugebracht. Trotz Gin Tonic (=1 Glas(!) Gin + 1 Dose Tonic) für etwa 1€ und unserer durch dieses Angebot eklatant hohen Nachfrage sind wir weder erblindet, noch mussten wir mit einem überdurchschnittlichen Kater kämpfen. Und so sind wir auch wieder heil und gesund zurück in Beirut.

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3/14/2007

azem-palast



Und noch ein paar Aufnahmen aus dem Azem-Palast in Damaskus (und Umgebung). Wie man fast schon vermuten kann, lässt sich von hier leider nichts auf meine eigentliche Homepage hochladen an Bilder, das heißt damit muss noch bis zum 11. April gewartet werden.




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bemerkenswertes

Sieh an: Rafiq Hariri war mal jung, schlank und in schwarz-weiß. Aber seinem Bart ist er, das sieht man, wenn man genau hinschaut, bis zum Tode treu geblieben (Aufnahme in Saida).
Aufgemerkt: Nicht verwechseln!

Für die Spezialisten: eine (fast) mamlukische Aschenbecher-Müll-Kombi (aufgenommen in der Zitadelle von Aleppo).
Speziell für Ying (sie singen und bewegen sich; zu erwerben in Damaksus)

damaskus-impressionen

In der Großen Moschee von Damaskus
(Tor)Jäger und...
...(Taubenfutter)Sammlerinnen

Miriam und Andreas

keine neuigkeiten

Im Grunde haben wir es doch alle immer schon gewusst: Lauter Terroristen hier.




adel imam & co.

Arithmetik, Astronomie, Heiliger Krieg – die großen Erfindungen des Orients will niemand in Frage stellen. Auch nicht die kleinen wie Wiener Würstchen aus Hühner-Rindfleischgemisch oder Kaugummi mit Chlorophyll. Doch es gibt da eine Sache, vor der Europa völlig zu Recht Angst bekommen sollte: Adel Imam. Der erfolgreichste arabische Schauspieler überhaupt hat in weit über einhundert Spielfilmen gespielt, allein – man merkt gar nicht, dass es einhundert Filme waren: alle völlig identisch unerträglich.
Wie es das Leben aber so will, scheinen wohl alle Busfahrer des Nahen Ostens eine gewisse Vorliebe für Adel Imam-Filme zu haben. Und so konnten wir auch während des letzten Wochenendes diesen ägyptischen Jackie Chan in gleich mehreren Filmen bewundern, wie sie eben immer während der langen syrischen Busfahrten gezeigt werden. Wikipedia beschreibt treffend:
His roles have displayed a wide range of
humor including slapstick, farce, and even the occasional double entendre. His characters tend to be down on their luck rising above powerful outside pressures. This has proved an extremely resilient type in the Arab World.
Doch es kann noch schlimmer kommen: Auf der Fahrt von Aleppo nach Beirut gab es eine DVD-Aufnahme einer wohl syrischen Theatergruppe. (Fast) wie in der Commedia dell’arte gab es auch hier feste Rollen, die wir ja nun fast über die ganzen sieben Stunden verfolgen konnten, etwa: Schwachkopf eins, Schwachkopf 2, Schwachkopf 3... Und alle in bescheuerter Interaktion. Großes Theater, großes Gelächter. Gott sei Dank war darüber hinaus der Ton so laut, dass man gar nicht in Versuchung kam, vielleicht etwas zu lesen oder gar zu schlafen. Meine einzige Hoffnung, an die ich mich geklammert habe, war, dass diese ‚Schauspieler’ sicherlich in keine Renten- und Krankenversicherung einzahlen und deswegen, wenn sie einmal alt und krank sind, als Strafe für dieses theatralische Verbrechen gegen die Menschlichkeit jämmerlich unter irgendeiner Brücke leben müssen. Richtig jämmerlich, hoffentlich.

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nachlese saida

Miriam und ich verbrachten einen wunderschönen Sonntag bei Zeki in Saida, wo er uns die Sehenswürdigkeiten und Persönlichkeiten der Stadt zeigte, und wir ganz gemächlich von Café zu Kaffee oder umgekehrt schlenderten.




3/13/2007

wahre gefahren

Keine Autobomben, nicht Hisbullah, nicht der unkontrollierbare Straßenverkehr sind die wirklichen Gefahren in Beirut. Das Verderben naht auf acht haarigen Beinen und schlägt unbarmherzig zu. Das erlegte Exemplar auf dem Photo (Chebat hat todesmutig photographiert) wurde im Orientinstitut zur Strecke gebracht, nachdem es kurz vorher die Anwesenden in helle Panik versetzt hatte. Auch wenn mir Spinnen eigentlich nichts ausmachen, das muss nun wirklich auch nicht sein. Und wenn man bedenkt, dass man in seinem Leben statistisch gesehen 70 Spinnen im Schlafe verschluckt, muss man sich dieser Tage in Beirut wohl Gedanken machen, nicht eines Morgens aufzuwachen und feststellen zu müssen, dass man nachts an einem solchen Kaliber erstickt ist. Mahlzeit.

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3/08/2007

raubtierfütterung

Impressionen des gestrigen Vormittags, der erstmal mit einem schönen Frühstück bei Paul für uns und dann mit einem vegetarischen Frühstück auf dem Dach für die Kröten eingeleitet wurde. Photos vom Ausflug nach Saida gibt es dann postwendend, wenn ich ab Montag wieder aus Syrien (Damaskus, Palmyra, Aleppo) zurück bin.


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3/06/2007

agenda culturel

Nach der Verfahr-Pleite vom Sonntag wagten Miriam und ich es gestern und heute nicht wirklich, größere Strecken zurückzulegen. Deswegen gaben wir uns ganz dem gesellschaftlichen Leben Beiruts in verschiedenster Form hin: Einladungen zum Kaffee, ein großes Abendessen mit bekannten Gerichten und neuartigem Gemüse in Stefans Wohnung gestern Abend, kein Konzert von Ziad Rahbani, da wir nach dem großen Abendessen zu vollgefressen waren, um die paar Meter von Stefans Haus zu Club Social, wo das Konzert stattfand, gehen zu können. Heute nun eine so exklusive Ausstellungseröffnung in der Galerie Mogabgab in Gemmayze. So exklusiv dass Miriam und ich die einzigen Gäste waren, und wir uns infolgedessen natürlich nicht trauten, das Buffet zu leeren (weswegen wir eigentlich gekommen waren) - die Bilder waren übrigens von einem brasilianischen Maler names Juarez Machado (was sagen die Expertinnen aus São Paulo?) und wirkten sehr à la 30er Jahre, Tamara de Lempicka etwa. Nun, und danach ging es dann nicht in den kultuvierten Programmkino-Film Beirut Diaries, sondern ganz plebejisch in eine Schnulze Griffin and Phoenix, die das sentimentale Herz der um uns herumsitzenden Libanesen in Wallung und die Augen zum Tränen brachte. Auch Dina vom Orientinstitut, die uns begleitete, war sichtlich gerührt. Und wieder einmal bot das libanesische Kino Grund zum Wundern, kaum ist der Film aus - zack! - geht das Licht ohne Aufblenden an, und die Musik schwenkt auch Radiopop. Da werden die Augen schnell wieder trocken. Dina fuhr uns dann nach Hause, wo wir dann aber noch den Weg ins Café Gemmayze namen und den Tag mit einer Wasserpfeife und arabomonotoner Oud-Musik ausklingen ließen.

3/05/2007

unfallbericht

(Nein, nicht ich - und alles in Ordnung) Ich habe nur am letzten Freitag schon wieder einen slapstick-reifen Autounfall beobachtet, und da fiel mir ein, dass ich den ersten ja noch gar nicht hier beschrieben hatte:

Situation 1
Rue Gouraud, abends: Stau. Ein Auto vorne trödelt, das Auto dahinter reagiert gelassen, das Auto noch eins weiter dahinter hupt wie wild. Das erste Auto fährt wieder los, das zweite Auto fährt los, das dritte Auto röhrt und stirbt ab. Sein Fahrer ärgert sich, startet wieder, gibt ordentlich Gas - und donnert einfach in das Fahrzeug vor ihm.

Ich dachte eigentlich, dass man das nicht mehr toppen könne, aber:

Situation 2
Straße zum Flughafen, früher Nachmittag: Ein Auto fährt auf der mittleren Spur, das Auto vor 'meinem' Bus (auf der rechten Spur) fährt ihm den Spiegel ab. Der Fahrer in der Mitte bremst, flucht und springt aus dem Auto um auf die rechte Fahrzeugseite zum abgefahrenen Spiegel zu hetzen.
Aber: er hatte die Fahrertüre offengelassen, die ihm sogleich ein überholendes Auto auf der linken Spur abfuhr.

saure trauben

Meine Mitbewohnerin Miriam ist jetzt seit Freitag da, und wir fahren fleißig durch den Libanon. Einige grundsätzliche Aspekte, bei denen wir beim gestrigen Ausflug nach Tripolis unsere Sicht allerdings geringfügig revidieren mussten:
  1. Es gibt sicherlich neben der normalen Küstenstraße noch eine Bergstraße nach Tripolis, die wir wohl gerade fahren.
  2. Nein, diese Strecke sind wir gestern nicht gefahren, als wir (in völlig anderer Richtung) nach Baalbek unterwegs waren.
  3. Nein, im Libanon steigt man nicht in den falschen Bus.

Neue Fragen waren hingegen:

  1. Waren wir in dieser Gegend nicht schon gestern?
  2. Hilfe, wie kommen wir wieder heim?
  3. Was meint hier eigentlich das Schild "frontière syrienne: 10km"?

Fazit: ein gelungener Busausflug durch den Libanon, schöne Aussicht, sympathische Busfahrer, Weihnachtsmänner am Straßenrand, die rosa Zuckerwatte verkauft haben, abends hundemüde vom Rumfahren... In Tripoli wären die Trauben sowieso zu sauer gewesen.